RECHT: FIRMENKUNDEN »Es besteht weder eine Veranlassung noch eine gesetzliche Grundlage, Zahlungen von Versicherungsgesellschaften vom Anwendungsbereich des § 288 Abs. II BGB auszunehmen. « Indem die Richtlinie für alle Geschäfte umgesetzt wurde, bei denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, wurde sie bereits weit überschießend umgesetzt. Genauso hat der deutsche Gesetzgeber – sollte man Zahlungen von Versicherungsgesellschaften in Erwägungsgrund 13 entgegen dessen Wortlaut für ausgenommen halten – die Richtlinie in Bezug auf Versicherungsleistungen überschießend umgesetzt, indem diese nicht explizit ausgenommen, vom Begriff der Entgeltzahlungen nach der allgemeinen Definition aber umfasst sind. Diese Betrachtung steht insbesondere im Einklang mit dem Zweck des § 288 Abs. II BGB, Unternehmen vor der Gefahr einer Insolvenz durch den verspäteten Eingang von Zahlungen zu schützen.¹⁴ Diese Schutzbedürftigkeit besteht für gewerbliche Versicherungsnehmer, die einen versicherten betrieblichen Schaden erlitten haben, ebenso wie für Gläubiger, die Waren geliefert oder Dienstleistungen im klassischen Sinne erbracht haben.¹⁵ Primärziel der Zahlungsverzugsrichtlinie ist, Unternehmen vor absichtlich verzögerter Erfüllung von Zahlungsverpflichtungen der Großunternehmen und der öffentlichen Hand zu schützen.¹⁶ Dieses Ziel kann nur umfassend umgesetzt werden, indem Versicherungsleistungen mit einbezogen werden. Besonders Versicherungsgesellschaften stellen solche Großunternehmen dar, vor deren vorsätzlichem Zahlungsverzug gerade kleinere und mittelständische Unternehmen geschützt werden sollen. Genau wie Unternehmen auf Zahlungen im Gegenzug zur Lieferung von Waren angewiesen sind, sind Unternehmen darauf angewiesen, Versicherungsleistungen von den Versicherungsgesellschaften zu erhalten, für die sie jahrelang Versicherungsprämien gezahlt haben, um gegebenenfalls eine mögliche Insolvenz abzuwenden. Im Ergebnis ist ein Ausschluss von Zahlungen von Versicherungsgesellschaften außerdem nicht sachgerecht. Zahlungen an Versicherungsgesellschaften – etwa Versicherungsprämien – stellen Entgeltleistungen dar und unterfallen im Verzugsfall der höheren Verzinsung nach § 288 Abs. II BGB. Zahlt aber eine Versicherungsgesellschaft Versicherungsprämien an einen Rückversicherer, wären diese Zahlungen als Zahlungen von Versicherungsgesellschaften keine Entgeltleistungen und damit von § 288 Abs. II BGB ausgeschlossen. Für eine derartige Unterscheidung besteht keine Veranlassung. Fazit Es besteht weder eine Veranlassung noch eine gesetzliche Grundlage, Zahlungen von Versicherungsgesellschaften vom Anwendungsbereich des § 288 Abs. II BGB auszunehmen. Deshalb beträgt der Verzugszinssatz gemäß § 288 Abs. II BGB bei Versicherungsnehmern, die keine Verbraucher sind, 9 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz der EZB.¹⁷ Anwaltskanzlei Glameyer info@Anwaltskanzlei-Glameyer.de www.anwaltskanzlei-glameyer.de ¹⁴ Palandt/Heinrichs, BGB, § 288, Rn. 3; RL 2000/35/EG, Erwägungsgrund 7. ¹⁵ Johannsen in Bruck/Möller, VVG, 9. Aufl., § 14 VVG, Rn. 33. ¹⁷ Fausten in Langheidt/Wandt, MüKo VVG, 2. Aufl., § 14 VVG, Rn. 128; LG München I 23 O 5937/20, Urteil vom 24.11.2020. ¹⁶ Schulte-Nölke in Dauner-Lieb/Langen, BGB Schuldrecht, § 288, Rn. 9. 20 11-21 | expertenReport
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