RECHT »Das Urteil zeigt einmal mehr, wie streng der gerichtliche Kontrollmaßstab in Maklerhaftungsfällen ist. Aus Sicht des Versicherungsnehmers braucht es regelmäßig nur wenig, um erfolgreich gegen den eigenen Makler vorzugehen.« Stephan Michaelis, Rechtsanwalt, Kanzlei Michaelis Rechtsanwälte Das Verfahren war damit für den Makler praktisch schon verloren. Denn in Maklerhaftungsfällen greift die sogenannte Vermutung beratungsrichtigen Verhaltens, die genauso wie die Beweislastumkehr infolge unzureichender Dokumentation vom BGH bestätigt ist. Diese Vermutungsregel erleichtert dem Kläger den Beweis für die Kausalität zwischen festgestellter Beratungspflichtverletzung und vorgetragenem Schaden. Unter Anwendung der Vermutungsregel unterstellte das OLG Karlsruhe, dass die Versicherungsnehmerin bei ordnungsgemäßer Aufklärung über die Leistungsunterschiede den alten Versicherungsvertrag fortgeführt hätte. Dem Makler war zwar die Möglichkeit des Gegenbeweises eröffnet, er konnte ihn aber nicht erfolgreich führen. In solchen Konstellationen ist der Gegenbeweis so gut wie niemals möglich, da nur in den allerseltensten Fällen Beweismittel zur Verfügung stehen, die objektiven Aufschluss über die innere Abschlussentscheidung des Versicherungsnehmers ermöglichen. Weitreichender Schadenbegriff ist für den Makler nachteilig Nach der im deutschen Zivilrecht maßgeblichen Naturalrestitution war die Versicherungsnehmerin so zu stellen, wie sie ohne das schadenursächliche Ereignis, das hier in der angenommenen unzureichenden Beratung lag, gestanden hätte. Bei Fortführung des alten Versicherungsvertrags hätte sie nach wie vor eine Deckung für Krankenhaustage- und Krankentagegeld, während es auch nicht zum Prämienrisikozuschlag infolge unrichtiger Beantwortung der Antragsfragen in der Neuversicherung gekommen war. Daher sprach das Gericht der Versicherungsnehmerin einen umfassenden Ersatzanspruch zu. Die Auslegung des OLG Karlsruhe ist konsequent, aber insoweit besonders bemerkenswert, als dass die weite Auslegung des Schadenbegriffs auch den Prämienrisikozuschlag konsumiert, obwohl dieser gerade auf das wahrheitswidrige und insoweit eigenverantwortliche Verhalten der Versicherungsnehmerin zurückzuführen war. Für ein Mitverschulden, das sich aus der eigenverantwortlichen Falschbeantwortung der Antragsfragen und einer mangelnden Lektüre der Antragsunterlagen hätte ergeben können, ist nach Ansicht des Gerichts kein Raum, da es mit dem Schutzzweck der Beratungspflicht aus § 61 Abs. 1 S. 1 VVG nicht vereinbar sei. Das Urteil zeigt einmal mehr, wie streng der gerichtliche Kontrollmaßstab in Maklerhaftungsfällen ist. Aus Sicht des Versicherungsnehmers braucht es regelmäßig nur wenig, um erfolgreich gegen den eigenen Makler vorzugehen. Es wird auch deutlich, dass Gerichte Umdeckungen nicht anders als Neuabschlüsse behandeln. Daher sollte auch der Makler jede Umdeckung wie einen Neuabschluss behandeln. Er muss den Wechselvorgang unter allen erdenklichen Gesichtspunkten beraten. Aus dem Urteil lässt sich bei einem Produktwechsel folgern, dass der Vergleich der Leistungsbestandteile von Alt- und Neuvertrag lückenlos dokumentiert werden muss. Wenn sich eine Vollständigkeit der Dokumentation aufgrund des Umfangs des Vermittlungsvorfalls nicht realisieren lässt, sollten wenigstens die Leistungsunterschiede ausnahmslos im Beratungsprotokoll vermerkt sein. Wird eine Beratungsdokumentation vor Gericht für in wesentlichen Punkten lückenhaft befunden, drohen Beweislasterleichterungen zugunsten des klagenden Versicherungsnehmers. Damit im Fall der Fälle der schwierige Gegenbeweis doch gelingen kann, sollte zumindest die vermittlungsbezogene Korrespondenz, zum Beispiel in Gestalt von Mailverkehr, archiviert und auch über die gesetzlichen Aufbewahrungsfristen hinaus vorgehalten werden. Beherzigt der Makler diese Good Practices, kann er sich vielleicht doch erfolgreich gegen unbegründete Vorwürfe wehren. Kanzlei Michaelis Rechtsanwälte info@kanzlei-michaelis.de www.kanzlei-michaelis.de 62 07-23 | expertenReport
Versicherungs- und Finanznachrichten 19. MCC - KONGRESS Insurance Today and Tomorrow – Die Assekuranz in unsicheren Zeiten: Quo Vadis? – 14. und 15. September 2023, Düsseldorf Moderation: Prof. Dr. Heinrich R. Schradin Direktor, Institut für Versicherungswissenschaft, Universität zu Köln Prof. Dr. Jörg Puchan Professor für Angewandte Informatik, Hochschule München Mit freundlicher Unterstützung von: Keynotes: Dr. Norbert Rollinger Vorstandsvors., R+V Versicherung AG, Präsident GDV Dr. Stefan Lemke Vorstandsmgl. CIO, AXA Konzern AG Karsten Crede Mgl. des Vorstands, ERGO Digital Ventures AG, Vors. des Vorstands, ERGO Direkt Versicherung AG u.v.a. Klaus-Jürgen Heitmann Vorstandssprecher, HUK-Coburg-Gruppe Claudia Tuchscherer Vors. des Vorstands, ADAC Versicherung AG Content Partner: MCC • +49 (0)2421 12177-13 • kruse@mcc-seminare.de • www.insurancetodayandtomorrow.de
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