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eR 07/23

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Transformation sei ein Projekt – diese Sichtweise teilen einige, meist aber nur zu Beginn dieser Veränderungsphase. Werden Betroffene im Unternehmen zu strategisch, konzeptionell und organisatorisch Beteiligten reift die Erkenntnis, dass Transformation ein Prozess ist, der in alle Bereiche eingreift. Damit werden derzeit nicht nur die Versicherungswirtschaft oder die so wichtige Automobilbranche konfrontiert. Wir finden sie in vielen Branchen wieder. Das Team von codecentric betrachtet diese Anforderungen aus der Sicht eines IT-Dienstleisters und teilt damit wichtige Erfahrungen. Ich finde, man sollte öfter die Perspektive wechseln.

RECHT Dauerbrenner

RECHT Dauerbrenner Umdeckung Augen auf beim Versichererwechsel! Anmerkungen zum Urteil des OLG Karlsruhe vom 7.3.2023 – Az. 12 U 268/22 Die Umdeckung von Versicherungsverträgen beschäftigt die deutschen Gerichte leider zunehmend häufiger. Noch häufiger beschäftigt dieser Themenkreis allerdings die Zunft der Versicherungsmakler. Für Makler gehört es zum Tagesgeschäft, den Versicherungsschutz ihrer Kunden von einem Risikoträger auf den anderen umzudecken. Anlässe und Gründe für eine Umdeckung gibt es viele. Mal stellt der Makler im Wege turnusmäßiger Überprüfung von sich aus fest, dass sich am Markt preiswertere Deckungen etabliert haben. Mal klopft der Kunde an und signalisiert, dass sich seine Versicherungsbedürfnisse verändert haben. Selten bleibt der Inhalt des betroffenen Versicherungsvertrags gänzlich gleich. Nicht ungewöhnlich ist, dass die Kunden – und leider mit ihnen auch einige Makler – die Umdeckung im Vergleich zum Neuabschluss mit weniger Aufmerksamkeit verfolgen. Es darf vermutet werden, dass dieser Umstand vielleicht darin begründet liegt, dass die grundsätzliche Risikoabsicherung zum Zeitpunkt der Umdeckung bereits gegeben ist. Diese Einordnung der Gemengelage ist wenigstens in rechtlicher Hinsicht trügerisch und falsch, wie ein aktuelles Urteil des OLG Karlsruhe vom 7.3.2023 (Az. 12 U 268/22) erneut zeigt. Hiernach ist der Makler im Rahmen der Umdeckung verpflichtet, den Versicherungsnehmer im Wege seiner Beratungspflicht gemäß § 61 Abs. 1 S. 1 VVG auf alle leistungs- und beitragsrelevanten Unterschiede zwischen bestehender und angebotener Versicherung hinzuweisen. Es gelten dieselben Pflichten wie bei der Vermittlung neuen Versicherungsschutzes. Der Makler hat die Umdeckung insbesondere nach Maßgabe des § 61 Abs. 1 S. 2 VVG umfassend zu dokumentieren. Die Ausführungen des OLG Karlsruhe sind insoweit zwar weder neu noch überraschend, aber in jedem Fall instruktiv. Da Umdeckungen weiterhin zu den fehler- anfälligsten Bereichen der Maklertätigkeit gehören, lohnt es im Sinne der Haftungsprävention, ihre rechtlichen Implikationen anhand dieses aktuellen Urteils erneut nachzuvollziehen. Versicherungsnehmerin und Makler streiten über Beratung im Zusammenhang mit der PKV In dem Fall, den das OLG Karlsruhe zu entscheiden hatte, erhob die Versicherungsnehmerin im Zusammenhang mit dem Wechsel ihrer privaten Krankenversicherung, der vom Makler Ende 2018 empfohlen worden war, Klage. Anfang 2021 meldete die Versicherungsnehmerin einen Leistungsfall, dessen Regulierung in zweierlei Hinsicht problematisch war. Zum einen stellte der Versicherer fest, dass die Versicherungsnehmerin eine Vorerkrankung verschwiegen hatte. Eine Vertragsaufhebung konnte dann nur gegen einen erheblichen Prämienrisikozuschlag vermieden werden. Zum anderen sah der neue Versicherungsvertrag im Gegensatz zur vorherigen Deckung weder Krankenhaustage- noch Krankentagegeld vor. Die Versicherungsnehmerin trug vor, dass der Makler es 60 07-23 | expertenReport

Bild: © Studio Romantic – stock.adobe.com pflichtwidrig unterlassen habe, über die Risiken eines Wechsels und die Bedeutung der Gesundheitsfragen aufzuklären. Sie beantragte unter anderem, festzustellen, dass der Makler sie vom Prämienrisikozuschlag freihalten sowie für den eingetretenen und alle künftigen Versicherungsfälle Krankenhaus- und Krankentagegeld zahlen muss. Der Makler trug vor, die Versicherungsnehmerin umfassend und wunschgemäß beraten zu haben, sodass Klageabweisung geboten sei. Die rechtliche Würdigung des Gerichts begann, wie nahezu alle Urteile in Maklerhaftungsfällen beginnen. Nämlich mit der Zitierung der heute noch wegweisenden Sachwalterentscheidung, nach der die Pflichten des Versicherungsmaklers weit gehen. Dieser strenge Maßstab sowie das Fehlen des Krankenhaus(tage)geldbausteins wurden dem Makler zum Verhängnis. Zwischen den Parteien war so gut wie alles streitig. Uneinigkeit bestand auch dahin gehend, was Anlass der Beratung aus 2018 gewesen war und was zwischen den Parteien ausgetauscht worden war. Unstreitig hingegen war, dass der neue Versicherungsvertrag keine Deckung für Krankenhaustage- und Krankentagegeld beinhaltet. Dieser Umstand genügte dem Gericht nahezu allein, um eine vollumfängliche Verurteilung des Maklers zu rechtfertigen. Daher illustriert das Urteil des OLG Karlsruhe eindrucksvoll, weshalb bei der Versicherungsvermittlung und insbesondere bei der Umdeckung von Verträgen stets höchste Sorgfalt geboten ist. Richterrechtliche Beweislastumkehr und Vermutungsregeln machen Verteidigung fast unmöglich Das Gericht knüpfte an die fehlenden Deckungsbausteine an und verwies darauf, dass die Beratungspflicht des Maklers auf der Linie der Sachwalterentscheidung weit auszulegen sei. Im Falle der Umdeckung beinhalte dies gerade die umfangreiche Gegenüberstellung der vertragsgemäßen Leistungen und den expliziten Hinweis auf etwaige Unterschiede. Der Makler müsse im Wege seiner sekundären Darlegungslast substantiiert vortragen, inwieweit er die dahin gehend behauptete Pflichtverletzung gerade nicht begangen habe. Dem Makler unterlief insoweit der große Fehler, die Beratung nicht lückenlos zu dokumentieren. Unter Anwendung der bekannten BGH-Rechtsprechung wurde dem Makler die Beweislast auferlegt, da er kein Protokoll vorlegen konnte, das einen Hinweis auf den Deckungsunterschied beinhaltete. Sogar mit dem angebotenen Zeugenbeweis, demzufolge die Versicherungsnehmerin im Rahmen der Beratung erklärt habe, eine Absicherung von Krankenhaustage- und Krankentagegeld nicht zu wünschen, drang der Makler bei den Richtern des LG Heidelberg nicht durch. Weil das Oberlandesgericht als Revisionsinstanz an die Tatsachenfeststellungen der Vorinstanz gebunden ist, war diese Beweiswürdigung auch für das hier berichtete Verfahren entscheidend. → expertenReport | 07-23 61

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