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eR 06/22

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Die Corona-Pandemie der vergangenen zwei Jahre hat gezeigt: das deutsche Gesundheitssystem funktioniert. Ob gesetzlich oder privat versichert - jeder Bundesbürger kann auf die jeweiligen Gesundheitsleistungen im Rahmen seines Versicherungsstatus zurückgreifen. Gesetzlich Krankenversicherte werden allerdings zunehmend mit Leistungskürzungen konfrontiert, weil der finanzielle Druck auf die Krankenkassen stetig zunimmt. Kritiker mahnen, dass teilweise nur noch von einer Art Grundversorgung gesprochen werden kann. Insofern werden für gesetzlich Versicherte private Krankenzusatzversicherung immer interessanter, damit bestimmte Gesundheitsleistungen abgesichert sind. Diesen Effekt bestätigt auch der boomende Markt in diesem Segment, der ein unverzichtbarer Bestandteil des dualen Versorgungssystems bleibt. Es ist zu erwarten, dass künftig die Gesundheits- und Pflegeversorgung, analog zur Altersvorsorge, in betrieblichen Modellen vermehrt Einzug halten wird. Angesichts des aktuellen Fachkräftemangels profitieren Arbeitgeber doppelt: Sie fördern den Erhalt der Gesundheit der Belegschaft und unterstützen das Recruiting mit einem attraktiven Benefit. Der Markt ist stark am Wachsen: 2021 boten 18.200 Unternehmen ihren Mitarbeitern eine bKV in Form von Gesundheitsleistungen oder eines Budgettarifs. Gegenüber dem Vorjahr ist das ein Plus von 38,9 Prozent. Vermittlern bietet sich hier noch viel Geschäftspotenzial.

RECHT

RECHT Versicherungsrecht: § 41 VVG Zur Herabsetzung der Versicherungsprämie des Versicherten Versicherer verlangen unter Umständen Risikozuschläge wegen vom Versicherungsnehmer gemäß § 19 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) angezeigter gefahrerhöhender Umstände. Die vereinbarte Prämie ist dann höher als die sonst fällige Regelprämie. Fallen Gefahrumstände später dauerhaft weg, so entspricht die vom Versicherer übernommene Gefahr nicht mehr der vom Versicherungsnehmer zu zahlenden Prämie. In diesen Fällen gibt § 41 Satz 1 VVG Versicherungsnehmern das Recht, vom Versicherer die angemessene Herabsetzung der Prämie zu verlangen. Diese Bestimmung findet auch auf die Krankenversicherung Anwendung. § 41 VVG regelt damit den Fall der Störung der Geschäfts grundlage gemäß § 313 BGB, sodass die Anwendung dieser allgemeinen Vorschrift ausgeschlossen ist. 44 06-22 | expertenReport

Was sind die Voraussetzungen einer Prämienreduzierung? Bild: © Maren Winter – stock.adobe.com Voraussetzung für das Verlangen einer Prämienherabsetzung durch den Versicherten ist zunächst, dass gerade wegen bestimmter gefahrerhöhender Umstände überhaupt eine höhere Prämie vereinbart wurde. Diese dem Versicherten bekannten Umstände müssen also der Grund dafür gewesen sein, dass der Versicherer dem Versicherungsnehmer eine höhere als die Regelprämie abverlangte, die sonst für Risiken dieser Art vereinbar wird. Nicht erforderlich ist, dass der Risikozuschlag aus dem Versicherungsschein ersichtlich ist oder die Prämienkalkulation dem Versicherungsnehmer offengelegt wurde. Eine interne Kalkulation reicht aus, ist aber auch erforderlich. Diese für den Risikozuschlag ursächlichen gefahrerhöhenden Umstände müssen dauerhaft weggefallen oder bedeutungslos geworden sein. § 41 VVG ist jedoch nicht anzuwenden, wenn zwar ein gefahrerhöhender Umstand entfallen ist, insgesamt aber der Gefahrstand wegen hinzugekommener anderer gefahrerhöhender Umstände gleich geblieben ist. Macht der Versicherungsnehmer irrtümlich falsche Angaben über risikorelevante Umstände, so befindet er sich in einer vergleichbaren Lage, wie wenn ein solcher Umstand nach Vertragsschluss wegfällt. In beiden Fällen entspricht die zu zahlende Prämie nicht dem übernommenen Risiko. § 41 Satz 2 VVG stellt daher beide Fälle gleich. Hierbei ist unerheblich, ob der Versicherte schuldhaft geirrt hat. Gestaltungsrecht des Versicherungsnehmers Auf welche gesetzliche Regelung kommt es vorliegend an? Die maßgebliche Vorschrift ist § 41 VGG, welche vorliegend zum Tragen kommt: § 41 VVG – Herabsetzung der Prämie Ist wegen bestimmter gefahrerhöhender Umstände eine höhere Prämie vereinbart und sind diese Umstände nach Antragstellung des Versicherungsnehmers oder nach Vertragsschluss weggefallen oder bedeutungslos geworden, kann der Versicherungsnehmer verlangen, dass die Prämie ab Zugang des Verlangens beim Versicherer angemessen herabgesetzt wird. Dies gilt auch, wenn die Bemessung der höheren Prämie durch unrichtige, auf einem Irrtum des Versicherungsnehmers beruhende Angaben über einen solchen Umstand veranlasst worden ist. Unter den genannten Voraussetzungen kann der Versicherungsnehmer verlangen, dass die Prämie herabgesetzt wird. Mit dieser Formulierung wird ihm ein unbefristetes und formfrei auszuübendes Gestaltungsrecht eingeräumt. Es wirkt ab Zugang des Herabsetzungsverlangens beim Versicherer, also nur für die Zukunft. Eine Rückzahlung von in der Zeit davor zu viel gezahlten Prämienanteilen ist ausgeschlossen. Fällt aber der Zugang des Herabsetzungsverlangens in eine laufende Versicherungsperiode und hat der Versicherungsnehmer für diese im Voraus gezahlt, so kann er die auf die Zeit nach dem Zugang entfallenden zu viel gezahlten Prämienanteile gemäß § 812 BGB zurückfordern. Rechte und Pflichten des Versicherers Der Versicherer ist in diesem Zusammenhang nicht verpflichtet, der Prämienkalkulation statt der eigenen Risikoeinschätzung die dem gegenwärtigen Stand der medizinischen Wissenschaft entsprechende ärztliche Risikobeurteilung zugrunde zu legen. → expertenReport | 06-22 45

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