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eR 06/21

Können sich alle Bürger*innen gute oder sogar beste Gesundheit leisten? Eine gute Frage. Es kommt darauf an, ist die salomonische Antwort darauf. Überall drücken explodierende Kosten auf das Budget, also wird es für die Versicherten in unserem dualen Gesundheitssystem insgesamt teurer. Der soziale Status und die Art der Krankenversicherung tragen maßgeblich dazu bei, ob die Gesundheitsleistungen aus einer soliden Grundversorgung oder der bestmöglichen Versorgung bestehen. Mittlerweile besteht auch die Gesundheitsvorsorge aus drei Säulen, deren Angebote immer detaillierter werden, um Kundenbedürfnisse zu erfüllen. Insbesondere die privaten Krankenversicherer waren sehr kreativ. In den zurückliegenden Monaten entstand eine Vielzahl an Angeboten für die betriebliche Krankenversicherung. Hier bewerben sich Bausteinkonzepte und Budgettarife um die Gunst der Firmenkunden. Digitale Nomaden sollten ihre Auslandskrankenversicherung unter die Lupe nehmen. Rechtsanwalt Stephan Michaelis betrachtet die Prämienanpassungen aus rechtlicher Sicht. Alles in allem sind auch hier Ausgaben, Kosten und Einsparungen die Triebfedern.

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PRIVATE KRANKENVERSICHERUNG „Abrechner“ war gestern Gesundheitsdienstleistern gehört die Zukunft Die privaten Krankenversicherer in Deutschland befinden sich in einer umfassenden Transformation vom Abrechner für Gesundheitskosten hin zum lösungsorientierten Anbieter von Gesundheitsdienstleistungen. Bild: © REDPIXEL – stock.adobe.com Die Top Ten der Branche definieren für diesen grundsätzlichen Wandel die Standards für die veränderten Anforderungen. Telemedizin oder Case-Management wurden als wichtige Themenfelder frühzeitig erkannt und werden vehement vorangetrieben. Einer kleinen Gruppe mittelständischer Challenger gelingt dies besonders gut. Sie setzen auf intelligente Kooperationen mit ausgewählten Partnern sowie ein effizientes Dienstleistungsmanagement. Mit dieser Strategie verfolgen sie das Ziel, zumindest in Teilbereichen zu den Großen aufzuschließen. Digitalisierung und Kostendruck setzen unverkennbare Zeichen und einer digitalen Experimentierphase ein Ende. Wirtschaftlichkeit und Effizienz der eigenen digitalen Angebote stehen im Mittelpunkt. Konsequentes Nutzencontrolling und intelligentes Trendscouting werden bei den Geschäftsmodellen von Deutschlands privaten Krankenversicherern maßgeblich den Ton angeben. Wachstum als Ventil für den Kostendruck ist aktuell nicht mehr darzustellen, lassen die Studienautoren verlauten. Insbesondere auch deshalb, weil der Markt für private Krankenvollversicherungen kaum noch wächst – teilweise mit rückläufigen Zahlen zu kämpfen hatte. Das traditionell gut laufende Geschäft mit Krankenzusatzversicherungen kann den Druck auf Beiträge und Margen mittlerweile in den Häusern nicht mehr kompensieren. Erschwerend kommt hinzu, dass sich die Wettbewerbssituation deutlich verschärft hat. In diesem Spannungsfeld rückt der Kunde mit individuellen Bedürfnissen und Anforderungen sowie den dazugehörigen Services in den Fokus der Gesellschaften. Bislang war der Kontakt eines Kunden zu seinem privaten Krankenversicherer meist sehr überschaubar. Hauptsache, die Kostenerstattung klappt reibungslos. Positive Assoziationen sind selten und entstehen meist in Verbindung mit einer schnellen Bezahlung der eingereichten Abrechnungen. Auf lange Sicht wird dies alleine nicht ausreichen, um beim Kunden ein positives Bild zu erzeugen und die grundsätzliche Akzeptanz eines Versicherers zu steigern. Um Kunden zu halten und zusätzliches Geschäft zu ermöglichen, sind weitere Angebote gefragt. 26 06-21 | expertenReport

(Digitale) Gesundheitsservices – Cluster „allgemeine Services“ 0 % 50 % 100 % Rechnungs-App 24/7-Gesundheitstelefon Gesundheitsportal/-magazin Lesebeispiel: Insgesamt bieten knapp 60 % der PKVen telemedizinischen Service an – bei den Top-10-PKVen sogar 100 %. Telemedizin Case-Management Arznei-/Hilfsmittelservice Betrachtete PKVen Zweitmeinung Pflegeservice Top-10-PKVen¹ ¹ Gemessen am Angebot (digitaler) Gesundheitsservices Quelle: zeb.rolfes.schierenbeck.associates gmbh Unterschiedliche Gesundheitsdienstleistungen Eine aktuelle zeb-Studie, untersucht wurden 29 Krankenvollversicherer in Deutschland – das entspricht Mitte 2020 etwa 97 Prozent des Marktes gemessen an den gebuchten Bruttobeiträgen –, zeigt im Detail, dass allgemeine Leistungen wie zum Beispiel Rechnungs-Apps, Telemedizin oder Case-Management gut am Markt etabliert sind. Akute Services wie beispielsweise Dienstleistungen rund um Krankheitsbilder wie Diabetes, Psyche/Stress oder Tinnitus sind dagegen fast ausschließlich bei den zehn größten deutschen privaten Krankenversicherern vertreten. Insbesondere mit den Aktionsfeldern Psyche und Stressbewältigung. Gleiches gilt für das Segment präventive Services wie Dienstleistungen rund um die allgemeine Fitness, Rückenstärkung oder Ernährung. Mit diesen Mehrwerten setzen die Top-Ten- Versicherer bewusst eigene Akzente und treiben die Transformation der Branche insgesamt voran. Mittelständische Challenger Aus allen analysierten privaten Krankenversicherern am Markt sticht eine kleine Gruppe heraus, die angesichts ihrer Größe über ein bemerkenswert umfassendes Angebot an Gesund- »Der langfristige Erfolg als Gesundheitsdienstleister baut nicht nur auf einem vielseitigen Angebot auf.« heitsdienstleistungen verfügt. Diese Häuser setzen bewusst und stringent auf Kooperationen und den richtigen Partner an ihrer Seite. Sie agieren dadurch up to date und decken die Grundversorgung ihrer Kunden entsprechend gut ab. Die Challenger verstehen sich als Fast Follower in Bezug auf neue Entwicklungen und Trends am Gesundheitsmarkt. 80 Prozent von ihnen ist es so gelungen, gebotene Services wie die digitale Gesundheitsakte frühzeitig in ihre Prozesse zu integrieren. Auch Trend und Nutzen von telemedizinischen Angeboten wurden oft schon vor der Pandemie erkannt und konsequenter als in anderen Unternehmen umgesetzt. Der langfristige Erfolg als Gesundheitsdienstleister baut nicht nur auf einem vielseitigen Angebot auf. Wichtiger ist vielmehr, den „richtigen“ Service für seine Kunden zu finden. Nur wer über ein schlagkräftiges Nutzencontrolling verfügt, kann mittels Datenauswertung nachhaltig das ideale Angebot für Kunden bieten. expertenReport | 06-21 27

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