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eR 05/21

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Extreme Überlastung, keine Achtung, wenig Wertschätzung, schlechte Bezahlung. Oder alleingelassen. Vor, während und wohl auch noch nach der Pandemie. Viele Pflegekräfte in Deutschland ziehen inzwischen die Reißleine und geben ihren Job auf. Dabei steigt die Nachfrage nach gut ausgebildetem Pflegepersonal enorm. Nicht nur durch das Corona-Virus, das aktuell wie ein Brandbeschleuniger wirkt, sondern durch die überalternde Gesellschaft. Sich Pflege leisten zu können sowie das Ein- und Auskommen im Alter sind Themen mit persönlicher Brisanz. Transparenz und Nachhaltigkeit hingegen wurden für die Finanzdienstleistungswirtschaft durch die Transparenzverordnung zur Pflicht. Vielleicht entwickelt sich daraus sogar eine Kür– immer mehr Kunden setzen sich damit auseinander. Mit einem Leistungsfall beschäftigt sich kein Verbraucher gerne und schon gar nicht freiwillig. Kommt es doch dazu, muss der Anbieter sein Leistungsversprechen einlösen und seine Qualität in der Bearbeitung unter Beweis stellen.

QUALITÄT IM

QUALITÄT IM LEISTUNGSFALL »Der Kunde vertraut im Versicherungsfall auf das Leistungsversprechen des Versicherers bei Vertragsabschluss. Die Qualität der Leistungsfallbearbeitung muss als Prüfkriterium berücksichtigt werden.« Wir alle haben in der Schule gelernt, dass bei einem einfachen Dreisatz eine Größe konstant ist. Ändert man die zweite Größe, verändert sich auch die dritte Größe. Die konstante Größe ist die versicherte Person, ein durch ihr Alter, ihre berufliche Tätigkeit, Freizeitaktivitäten und nicht zuletzt ihren Gesundheitszustand definiertes Pro-Kopf-Schadenrisiko. Stellt man die vergleichende Tarifbetrachtung somit auf einen Musterkunden als Fixgröße ab, so sind die (tariflichen) Leistungen und der Beitrag die Variablen. Sofern nun der Beitrag eines Anbieters weit unter den Offerten des Wettbewerbs liegt, stellt sich die Frage, was auf der Leistungsseite passiert. Unterschreitet die versicherte Rente die Angebote der Wettbewerber, so hätte der Versicherer eine transparente Leistungskürzung gewählt, die sich auch einem durchschnittlichen Verbraucher erschließt. Finden sich im Vergleich zum Wettbewerb höherschwellige Leistungsvoraussetzungen oder Leistungseinschränkungen in den Versicherungsbedingungen, so werden diese zumeist nur vom Vermittler und nur im Ausnahmefall vom Kunden aufgedeckt. Bietet ein Versicherer Topleistungen zu einem nicht erklärbar niedrigen Beitrag an, verbleibt als letztes Kostenregulativ nur noch die Leistungsfallbearbeitung. Alexander Schrehardt, Gesellschafter-Geschäftsführer bei AssekuranZoom Blackbox Versicherungsfall Die Stunde der Wahrheit schlägt bekanntlich im Leistungsfall. Wohl jeder Kunde schließt seinen Vorsorgevertrag zur Absicherung seiner Arbeitskraft in dem Vertrauen ab, dass der Versicherer im Versicherungsfall sein Leistungsversprechen auch einlöst. Die Voraussetzungen für die Begründung eines leistungspflichtigen Versicherungsfalls müssen im Detail seziert, aber auch das Verhalten des Versicherers bei Eintritt des Versicherungsfalls geprüft werden. Auch hierzu geben Ratings Auskunft. Zu hinterfragen ist in diesem Zusammenhang, welche Informationen verarbeitet wurden. Hat ein Ratingunternehmen nur Zugriff auf das versicherereigene Datenmaterial oder fließen auch Echtzeitbeobachtungen zur Qualität der Leistungsfallbearbeitung in die Betrachtung ein? Nachdem die Datenlage zu Leistungsfällen infolge des Verlustes von Grundfähigkeiten relativ dünn ist, stellen wir ein Beispiel zu einem Antrag auf Leistungen wegen Berufsunfähigkeit aus der Alltagspraxis vor. Ein Kunde hatte den Autor in seiner Eigenschaft als Versicherungsberater mit der Begleitung eines Antrags auf Leistungen wegen Berufsunfähigkeit beauftragt. Der Versicherungsfall wurde der Gesellschaft angezeigt und die erforderlichen Druckstücke für die Aufnahme des Antrags auf Leistungen wegen Berufsunfähigkeit angefordert. Nach Vorlage der erforderlichen Unterlagen wurde der Leistungsantrag eingereicht. Nachdem es vonseiten des Versicherers sechs Wochen nach dem Versand des Leistungsantrags keine Rückmeldung ab, erfolgte eine telefonische Anfrage zum Status quo durch den Autor. Die zuständige Leistungsabteilung erteilte die Auskunft „dass Sie sich schon noch ein bisschen gedulden müssen.“ Doch was bedeutet die Aussage „sich noch ein bisschen gedulden müssen“? Bei ihrer Gesellschaft betrage die durchschnittliche Bearbeitungsdauer eines Antrags auf Leistungen wegen Berufsunfähigkeit 18 Monate. Dieses Zeitfenster ist nicht zu kommentieren. Doch wie sieht die Realität aus, wenn ein Versicherungsvermittler diese Botschaft seinem Kunden überbringen muss? S4 Sonderteil | 05-21 | expertenReport

Fazit Natürlich muss sich auch der deutsche Versicherungsmarkt weiterentwickeln und die Gesellschaften sind aufgefordert, ihre Versicherungsprodukte an sich wandelnde Zielgruppen zu adaptieren. Dabei ist es absolut legitim und wünschenswert, dass engagierte Vermittler Tarife kritisch durchleuchten und Verbesserungen thematisieren. Qualifizierte Ratings bieten dem Vermittler, und hier vor allem dem Versicherungsmakler, eine äußerst wertvolle Orientierungshilfe. Allerdings, und dies muss mit Nachdruck betont werden, können sie nicht die individuelle Beratung, das heißt die auf den Einzelfall abgestellte Bedarfsermittlung, die Recherche des Anforderungsprofils des Kunden und die Prüfung und Vorstellung geeigneter Vorsorge- und Tariflösungen zur Risikoabsicherung, ersetzen. Dabei gilt es abzuwägen, auf welche Tarifmerkmale und -leistungen gegebenenfalls mit Blick auf das verfügbare Vorsorgebudget des Kunden verzichtet werden kann. Bei der Auswahl einer geeigneten Vorsorgelösung und eines qualifizierten Tarifs müssen unter Umständen Kompromisse im Interesse einer nachhaltigen Finanzierbarkeit des Versicherungsschutzes eingegangen werden. Hier sind die Vermittler gefordert, in der Kundenberatung wichtige Aufklärungsarbeit zu leisten. Beispielsweise über: ▶ verpflichtend einzusetzende Hilfsmittel ▶ höherschwelligere Leistungsvoraussetzungen ▶ die Möglichkeit von Karenzzeiten ▶ den Ausbau des Versicherungsschutzes im Rahmen ereignis(un)abhängiger Nachversicherungsoptionen ▶ die mögliche Vernetzung einer Grundfähigkeiten- mit einer Berufsunfähigkeitsversicherung mittels einer Tarifwechseloption Auf keinen Fall darf und sollte der Vermittler, vielleicht sogar schon im Vorfeld der Beratung, über den Kopf des Kunden hinweg eine Entscheidung treffen, welche Vorsorgelösung und welcher Tarif für den Kunden geeignet sind. Bei dieser Entscheidung dürfen nicht nur Tarifmerkmale, sondern muss auch die Qualität der Bearbeitung von Leistungsanträgen im Versicherungsfall berücksichtigt werden. Zugegeben, hier bedarf es einer neuen oder ergänzenden Betrachtung der Thematik Leistungsfall – gewissermaßen müssten neue Cluster unter die Lupe genommen werden. Es kann und es wird auch nicht immer alles eitel Sonnenschein sein. AssekuranZoom hat sich die detaillierte Prüfung von Tarifen und Versicherungsbedingungen schon seit längerer Zeit auf die Agenda genommen. Nun gilt es, die Qualität der Leistungsfallbearbeitung zu prüfen und auch auszuwerten. Der Kompass für die Beratungspraxis Ausgabe 2/2021 Herausgeber: Dr. Henriette Meissner, Alexander Schrehardt Verlag Versicherungswirtschaft (VVW) Abgesenkte Garantien, Sicherheit, Rendite, (betriebliche) Altersvorsorge und Niedrigzins Das Thema der abgesenkten Garantien in der betrieblichen Altersversorgung ist, getrieben vom Niedrigzins, aktuell in aller Munde. Jeder, unabhängig davon ob in der Rolle als Versorgungsträger, Berater oder Vermittler, muss sich damit auseinandersetzen. Fragen, warum und in welcher Form Garantien sinnvoll sind, was Wertgleichheit in der bAV bedeutet, ob und welches Garantieniveau bei einer beitragsorientierten Leistungszusage erforderlich oder ausreichend ist, rücken damit in den Vordergrund. Die Meinungen und Beiträge, die es bisher dazu gibt, sind vielfältig und für den Praktiker oft nicht leicht zugänglich, sodass es bisher schwer bis unmöglich war, sich ein ganzheitliches Bild zu machen. Es fehlte, zumindest bis jetzt, an einer fundiert ausgearbeiteten Publikation, die das Thema umfassend, aktuell und praxisnah darstellt. In diese Lücke ist der „Kompass“ in der Ausgabe 2/2021 erfreulicherweise gestoßen und bietet aus der Hand von namhaften Autoren genau die Auseinandersetzung, die es ermöglicht, „Licht ins Dunkle“ zu bringen. Die Beiträge sind gut lesbar und praxisorientiert. Für alle, die sich mit dem Thema fundiert beschäftigen wollen, ist diese Publikation ein „Must-have“. Frank Wörner RA/FA Steuerrecht, Mauer bei Heidelberg Der Autor hat aus seiner Tätigkeit als Versicherungsberater Zugriff auf umfassendes Datenmaterial, das im Rahmen der Begleitung von Leistungsanträgen erhoben wurde. Allerdings können mit weiteren Daten Auswertungen verfeinert und Aussagen untermauert werden, sodass AssekuranZoom um Ihre Unterstützung und Teilnahme bei der Aktion „Berufsunfähigkeitsversicherung: Umfrage zur Qualität im Leistungsfall“ auf experten.de bittet. AssekuranZoom GbR team@assekuranzoom.de www.assekuranzoom.de expertenReport | 05-21 | Sonderteil S5

Das IVW-geprüfte Print-Magazin expertenReport erscheint pro Quartal. Das Themenspektrum konzentriert sich auf die relevanten Sparten sowie die Zukunftsthemen der deutschen Versicherungswirtschaft.

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