QUALITÄT IM LEISTUNGSFALL Bild: © Pixel-Shot – stock.adobe.com Diese beiden Grundfähigkeiten sind bis zur Vollendung des 15. Lebensjahres der versicherten Person ebenfalls vom Versicherungsschutz ausgeschlossen. Sofern diese Grundfähigkeiten in den Katalog der versicherten Risiken auf Antrag aufgenommen werden sollen, ist dies von einer erneuten Prüfung des Gesundheitszustandes der versicherten Person abhängig. Ergänzend muss angemerkt werden, dass auch die Grundfähigkeiten Gleichgewicht und eigenverantwortliches Handeln bis zum vollendeten 15. Lebensjahr der versicherten Person vom Versicherungsschutz ausgeschlossen sind. Beide Grundfähigkeiten werden jedoch ohne erneute Gesundheitsprüfung mit Erreichen der Altersgrenze von 15 Jahren in den Versicherungsschutz aufgenommen. Vor dem Hintergrund dieser Versicherungsbedingungen stellt sich die Frage, wie ein derartiger Tarif mit der Ratingnote „sehr gut“ ausgezeichnet werden konnte. Nun ist die X Lebensversicherung zugegebenermaßen kein Maklerversicherer, sodass die aufgezeigten Tarifschwächen für den »Eine verpflichtende Leistungsprüfung im laufenden Vertragsverhältnis disqualifiziert Tarif und Versicherer.« ungebundenen Versicherungsmakler keine Rolle im Beratungsalltag spielen. Allerdings finden sich auch bei dem einen oder anderen Maklerversicherer tarifliche Regelungen, die man bei der AVB-Prüfung nicht überlesen sollte. So fällt beispielsweise in den Versicherungsbedingungen der Y Lebensversicherung zu der versicherten Grundfähigkeit Sehen folgender Hinweis auf: „Diese Einschränkungen (des Sehvermögens) dürfen nach aktuellem medizinischem Wissensstand nicht durch Brillen, Kontaktlinsen oder andere medizinische Maßnahmen (ohne Vollnarkose) behebbar bzw. verbesserbar sein.“ S2 Sonderteil | 05-21 | expertenReport
Eine verpflichtende Verwendung einer Brille oder auch von Kontaktlinsen als Hilfsmittel ist nicht zu beanstanden und sicherlich auch zumutbar. Interessanter ist schon die Verpflichtung, dass sich die versicherte Personen auch anderen medizinischen Maßnahmen ohne Vollnarkose unterziehen muss. Dies lässt nun viel Raum für Interpretationen. So werden beispielsweise Medikamente zur Behandlung einer feuchten Makuladegeneration direkt ins Auge eingespritzt. Aber auch eine Excimer-Laserbehandlung zur Beseitigung einer extremen Fehlsichtigkeit und auch die meisten operativen Eingriffe am Auge werden unter Lokalanästhesie und nicht unter Vollnarkose ausgeführt. Hier eröffnet sich auf der Grundlage der Versicherungsbedingungen des Anbieters ein weiter Spielraum für ärztliche Anordnungen. Und auch dieser Tarif wurde von einem selbst ernannten Experten als absoluter Premiumtarif klassifiziert. Ergänzend sollte noch erwähnt werden, dass dieser Premiumtarif zwischen A- und B-Grundfähigkeiten unterscheidet, wobei nur der bedingungsgemäße Verlust einer A- Grundfähigkeit einen leistungspflichtigen Versicherungsfall begründet. Wohingegen der Verlust einer B-Grundfähigkeit für sich allein genommen dem Versicherungsnehmer noch lange keinen Leistungsanspruch sichert. Erst der gleichzeitige und bedingungsgemäße Verlust von zwei B-Grundfähigkeiten würde dem Versicherungsnehmer eine Auszahlung der vertraglich vereinbarten Rente garantieren. Hier kann man nun die ketzerische Frage stellen, ob es sich bei dem versicherten Risiko Autofahren, das heißt der wichtigsten versicherten Grundfähigkeit, um eine A- oder eine B-Grundfähigkeit handelt. Welche Überraschung: Der Verlust der Fahrerlaubnis Pkw wird als B-Risiko klassifiziert. Eine detaillierte und akribische Tarifprüfung bleibt somit einer Studie vorbehalten, die tatsächlich alle Ecken und Winkel der Versicherungsbedingungen durchleuchtet. Verpflichtende Hilfsmittel – Was ist darunter zu verstehen? Bei der Prüfung einer defizitären motorischen, feinmoto- rischen oder auch sensorischen Grundfähigkeit sehen die Versicherungsbedingungen der Gesellschaften in vielen Fällen eine verpflichtende Verwendung von Hilfsmitteln vor. Natürlich wäre es nun vorteilhaft, wenn die Gesellschaften in ihren Versicherungsbedingungen die verpflichtend einzusetzenden Hilfsmittel in abschließender Aufzählung listen würden. Allerdings hatte schon William Shakespeare König Heinrich IV. gegenüber seinem Sohn, der die Krone des Vaters an sich genommen hatte, erklären lassen, dass „dein Wunsch des Gedankens Vater war.“ Das Hilfsmittelverzeichnis des GKV-Spitzenverbandes umfasst aktuell geschätzte 30.000 Hilfsmittel. Auch wenn viele Hilfsmittel im Fall einer defizitären Grundfähigkeit nicht genutzt werden können, führt die Gesamtzahl der Hilfsmittel den Wunsch nach einer abschließenden Listung von verpflichtenden Hilfsmitteln in den Versicherungsbedingungen schnell an die Grenze des Machbaren. Allerdings erscheint die oftmals anzutreffende und sehr allgemein gehaltene Erklärung „Die versicherte Person ist auch unter Verwendung geeigneter Hilfsmittel nicht in der Lage ...“ auch nicht gerade zielführend. Die Diskussion, was unter geeigneten Hilfsmitteln zu verstehen ist, wird dann in den meisten Fällen auf einen aus Kunden- und Vermittlersicht strategisch höchst ungünstigen Zeitpunkt verschoben: auf den Eintritt des Versicherungsfalls. Eine mögliche Grenzlinie kann mit der Unterscheidung zwischen körpernahen und mitzuführenden Hilfsmitteln gezogen werden. Projiziert man diese Differenzierung beispielsweise auf die versicherte Grundfähigkeit Gehen, so würden orthopädische Einlagen und Schuhe, Orthesen, Prothesen und Stützbandagen zu den körpernahen Hilfsmitteln zählen. Ein Gehstock, Unterarm- und Schulterstützen, ein Rollator oder auch ein Gehwagen wären den mitzuführenden Hilfsmitteln zuzurechnen. In der vergleichenden Tarifbewertung beschränken einige Gesellschaften in ihren Versicherungsbedingungen den verpflichtenden Einsatz zwischenzeitlich auf körpernahe bei einem gleichzeitigen Ausschluss von mitzuführenden Hilfsmitteln. Auch bei einer Einschränkung der sensorischen Grundfähigkeiten Sehen und Hören muss die versicherte Person Hilfsmittel zu einer Verbesserung ihres Seh- und Hörvermögens verpflichtend einsetzen. Während die verpflichtende Verwendung einer Brille, von Kontaktlinsen oder auch eines Hörgeräts nicht zu beanstanden ist, wird mit dem Cochlea- Implantat die Grenzlinie zum operativen Eingriff überschritten. Hierbei handelt es sich um eine Hörprothese, die mit dem Hörnerv des Patienten verbunden wird. Die Wunschliste ist immer länger als die Geschenkeliste Natürlich kann man auch bei der Entwicklung von Versicherungstarifen das Anforderungsprofil immer weiter nach oben schrauben. Doch hier muss die Realität im Fokus stehen und die Frage nach den Folgen erlaubt sein. Oder anders formuliert: Der perfekte Versicherungstarif, der keine Wünsche offenlässt, ist ein hypothetisches Konstrukt, das es nie geben kann und wird. Er wäre zu teuer und damit unverkäuflich. Jeder Berufsunfähigkeits- oder auch Grundfähigkeitenversicherungstarif ist, und die Mathematiker mögen den Frevel dieses Vergleichs bitte verzeihen, letztlich ein Dreisatz. → expertenReport | 05-21 | Sonderteil S3
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