STRATEGIE & PRAXIS »Die Bayerische ist in der nachhaltigen Kundenberatung sehr gut und auch stark aufgestellt. Etwa 80 Prozent der Vermittler agieren noch an dem Thema vorbei. Deshalb bieten wir mit unserer Zukunftswerkstatt die geeignete Plattform, um sich in puncto Nachhaltigkeit fit zu machen und weiterzubilden.« Blickpunkt Vertriebspartner: Welche Erfahrungen machen Sie hier? Die Bayerische ist in der nachhaltigen Kundenberatung sehr gut und auch stark aufgestellt. Etwa 80 Prozent der Vermittler im Markt agieren noch an dem Thema vorbei. Deshalb bieten wir mit unserer Zukunftswerkstatt die geeignete Plattform, um sich in puncto Nachhaltigkeit fit zu machen und weiterzubilden. Vermittler merken, dass sie sich damit verstärkt beschäftigen müssen, denn ab August dieses Jahres wird die dokumentierte Beratung unter nachhaltigen Aspekten zur Pflicht. Deshalb empfehlen wir auch, die Vorgehensweise in der Beratung zu verändern. Und Nachhaltigkeit nach vorne zu stellen. Frei nach dem Motto: „Lieber Kunde, ich vermittle dir nachhaltige Produkte, außer du wünschst dies nicht.“ Welcher Kunde lehnt das grundlegend ab? Um dies leisten zu können, müssen sich Vermittler allerdings weitergehend mit der Materie beschäftigen und nicht nur auf Vergleicher und Ratings setzen. Morning Star hat jüngst über 1.200 Artikel-8- und -9-Fonds von 6.400 von der nachhaltigen Liste genommen, weil sie nicht mehr den nachhaltigen Kriterien entsprochen haben. Wenn sich Vermittler konsequent und proaktiv mit dem Thema Nachhaltigkeit beschäftigen und transparent anbieten, könnte sich Nachhaltigkeit als absolut positive Wahrnehmung auf die Branche einzahlen. Apropos positive Wahrnehmung: Die Bayerische ist Anteilhaber der ehrenamtlichen Plattform „lets“. Wie steht es um das Engagement ihrer Mitarbeiter und wie findet die Auswahl der ehrenamtlichen Projekte statt? Das Ziel von „lets“ ist es, Freiwilligen-Projekte aus möglichst vielen Bereichen mit verantwortungsbewussten Unternehmen zusammenzubringen, die sich mit ihren Mitarbeitenden ehrenamtlich für den guten Zweck engagieren möchten. Die Projekt-Auswahl setzt sich aus einer enormen Bandbreite an Betätigungsfeldern zusammen: sei es Klimaschutz und Naturschutz, Tierschutz, Geflüchtetenhilfe, Bildung oder die Unterstützung älterer Menschen. Das Team von „lets“ prüft jedes Projekt vor der Aufnahme auf die Plattform natürlich hinsichtlich der Seriosität und Gemeinnützigkeit. Ein bewusst niedrigschwelliger Zugang soll jedoch sicherstellen, dass auch kleinere gemeinnützige Projekte, die sich zum Beispiel in einer Nachbarschaft organisieren, die Möglichkeit haben, über die „lets“-Plattform und -App Helfer in Unternehmen zu finden. Gibt es verpflichtende „Engagements-Ziele“ für die Mitarbeitenden? Die Bayerische stellt ihren Mitarbeitenden „lets“ intern seit Dezember zur Verfügung. Unser Ziel ist es, das Thema 36 04-22 | expertenReport
Freiwilligen-Engagement als Teil eines nachhaltigen Unternehmens fest in unserer Unternehmenskultur zu verankern. Dafür möchten wir unter unseren Mitarbeitenden Begeisterung für nachhaltiges Engagement wecken – denn nichts ist besser als die Erfahrung, selbst etwas Positives bewegen zu können. Welche Unterstützung gibt es für die Mitarbeiter, die sich engagieren wollen? Die Bayerische unterstützt das ehrenamtliche Engagement ihrer Mitarbeitenden maßgeblich durch großzügige Sonderurlaubsregelungen, die jedem Mitarbeitenden ungeachtet der konkreten Position zustehen. So kann jeder Kollege und jede Kollegin pro Jahr fünf sogenannte Innovationstage in Anspruch nehmen, an denen man freigestellt wird und sich für eine gute Sache im Rahmen eines „lets“-Projektes engagieren kann. Wie hat sich das Engagement der Mitarbeitenden bisher entwickelt? Die Möglichkeit, sich bei der Bayerischen über „lets“ ehrenamtlich an bis zu fünf Tagen pro Jahr zu engagieren, stieß bei unseren Mitarbeitenden auf ein sehr begeistertes Feedback. Ein Beispiel: Unser Team „Unternehmensvorsorgewelt“ (bAV) organisierte umgehend einen Tag, an dem sie gemeinsam die Essensausgabe der „Münchner Tafel“ unterstützen wollen. Sie haben als Konzeptpartner Fonds Finanz, deren Vertriebspartner „lets“ sowohl für ihr eigenes Engagement einsetzen können als auch es anderen Unternehmen anbieten können, um deren Engagement zu stärken. Wie entwickelt sich hier die Zusammenarbeit? Mit unseren Partnern der Fonds Finanz sind wir auf unterschiedlichen Ebenen in einem regelmäßigen und sehr produktiven Austausch, um unser gemeinsames Ziel zu erreichen: das Thema Corporate Volunteering fest in der deutschen Unternehmenslandschaft zu verankern und die Welt dadurch ein Stückchen besser zu machen. Für den Sommer planen wir zum Beispiel gerade eine gemeinsame „Social Volunteering Week“, an der sich viele Mitarbeitende und Partner aus beiden Unternehmen beteiligen werden. Wie sehen Feedbacks der Vermittler aus? Auch auf dem Vermittlermarkt stößt „lets“ auf großes Interesse. Das hat zwei Gründe: Einerseits hilft „lets“ Maklerunternehmen dabei, sich in der Region durch Freiwilligen-Engagement als verantwortungsbewusster, nachhaltiger Akteur zu positionieren und neue Kundengruppen anzusprechen. Andererseits binden wir „lets“ als Leistung auch in unsere nachhaltige bAV-Unternehmensvorsorgewelt ein. Damit bieten Vermittler ihren Unternehmenskunden also ein ebenso spannendes wie innovatives Extra. Statt „nur“ eine bAV-Lösung zu erhalten, helfen Zusatzleistungen, wie der kostenlose Zugang zu „lets“, Unternehmenskunden dabei, ihre eigene Nachhaltigkeitsstrategie zu stärken – und Vermittler positionieren sich damit zunehmend als ganzheitliche Berater. Stichwort „War of Talents“: Zeigt sich ein positiver Effekt in der Personalabteilung? Da wir das Thema Corporate Volunteering erst seit Kurzem im Bereich Employer Branding nutzen, ist es hier für ein Fazit noch zu früh. Was wir jedoch heute schon sagen können: Bewerber, die wir im Rahmen von Kennenlerngesprächen auf diese Möglichkeit bei uns aufmerksam machten, zeigten sich bislang alle sehr begeistert. Sich innerhalb der Arbeitszeit ehrenamtlich für ein Thema, das einem am Herzen liegt, engagieren zu können, ist in den Augen vieler Bewerber definitiv ein Highlight, mit dem wir uns ganz klar als verantwortungsbewusst handelndes Unternehmen präsentieren. Und dass gerade jüngere Talente auf dem Arbeitsmarkt nachhaltigen Arbeitgebern klar den Vorzug geben und bei ihnen das Thema Purpose ganz oben auf der Agenda steht, zeigen viele Studien. Aus Ihren Erfahrungen heraus: Zahlt sich Nachhaltigkeit aus? Welche Investitionen standen davor? Weder bei der Pangaea Life noch bei unserer Mutter der Bayerischen ist der nachhaltige Wandel eine kurzfristige Marketing- oder PR-Maßnahme. Unsere gemeinsame Überzeugung ist, dass Nachhaltigkeit auch Zukunftsfähigkeit bedeutet. Mit ihrer Vision verfolgt die Bayerische das Ziel, über die Grenzen des klassischen Versicherns hinauszudenken, sich auf Vorsorge zu konzentrieren und das Versichern vielleicht sogar überflüssig zu machen. Und welche Maßnahme könnte besser auf diese Vision einzahlen, als im Sinne der Vorsorge für unseren Planeten dafür zu sorgen, dass der maximale „Schadenfall“ Klimakatastrophe nicht eintritt – im Interesse unserer Kunden, aber auch von uns als Risikopartner? Die dafür nötigen Investitionen sind zwar auch materieller Natur – wenn es zum Beispiel um die Förderung nachhaltiger Mobilität geht –, zielen in erster Linie jedoch auf einen Kultur- und Mentalitätswandel unter den Mitarbeitenden – und das quer durch alle Unternehmensbereiche. Herr Regensburger, vielen Dank für das interessante und ausführliche Gespräch. expertenReport | 04-22 37
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