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eR 04/22

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2021 war das kostspieligste Naturkatastrophen-Jahr für die Versicherer in Deutschland. Rund 12,5 Milliarden Euro mussten sie nach Berechnungen des Branchenverbandes GDV für Naturgefahren aufbringen - so viel wie nie zuvor. Forscher rechnen in den nächsten Jahren mit weiter steigenden Schäden durch Naturereignisse. So darf der Klimaschutz auch angesichts der jüngsten geopolitischen Vorfälle nicht ins Hintertreffen geraten. Die Losung lautet: Flagge zeigen auch in schwierigen Zeiten. Die Versicherungsbranche kann einiges zum Klimaschutz beitragen: Allein die Investitionen der immensen Summen an Deckungskapital in nachhaltige Kapitalanlagen kann Richtungsweisendes bewirken. Kunden können zu nachhaltigem Handeln durch Anreize in den Produktangeboten motiviert werden: Höhere Quoten in der Schadenregulierung bei Ersatz durch umweltfreundlichere Alternativen, Vergünstigungen beim Fahren ohne fossile Brennstoffe sowie konsequent „grüne“ Angebote in der Vorsorge beeinflussen zunehmend das Konsumverhalten. Dazu braucht es selbstverständlich das Know-how in der Kundenberatung, die mit einem Fokus auf Nachhaltigkeit diese Möglichkeiten formuliert und dabei gleichzeitig ohne Mehraufwand die regulatorischen Anforderungen zur Nachhaltigkeitsberatung erfüllt. Wenn die vergangenen Jahre etwas gezeigt haben, dann dies: Nach der Krise ist vor der Krise. Auch wenn nicht jede vorhersehbar ist, so ist die Klimakrise vermutlich die Schlimmste und es gilt sie zu verhindern. Also packen wir’s an.

STRATEGIE & PRAXIS Zu

STRATEGIE & PRAXIS Zu wenig Personal im Bereich Nachhaltigkeit Betrachtet man die für Nachhaltigkeit verwendeten Ressourcen, fällt auf, dass in vier der befragten Unternehmen keine einzige Person im Schwerpunkt mit dem Thema Nachhaltigkeit betraut ist. Der Durchschnitt über alle befragten Unternehmen liegt bei 3,2 Personen. Gleichzeitig gab über die Hälfte der Befragten an (62 Prozent), die personellen Ressourcen ausbauen zu wollen. Bei einem Viertel der Unternehmen ist dies jedoch nicht vorgesehen. Nachhaltigkeit als Erfolgsfaktor Obwohl Nachhaltigkeit immer mehr an Bedeutung gewinnt, bewerten die Befragten den Beitrag des Themas für den Geschäftserfolg sehr unterschiedlich. Während rund ein Drittel der Unternehmen einen relevanten Erfolgsbeitrag sieht, schätzen etwa 20 Prozent der Unternehmen diesen als gering oder sehr gering ein. Regulatorische Anforderungen bergen Herausforderungen Angesichts der zum Teil noch unklaren Anforderungen der ESG-Regulatorik sehen sich die Unternehmen mit zahlreichen Herausforderungen konfrontiert. Dies spiegelt sich ebenfalls in der Bewertung des inhaltlichen Umfangs der regulatorischen Anforderungen wider. Mehr als die Hälfte der Unternehmen schätzt die Anforderungen als zu hoch ein; nur einer der Befragten als eher zu wenig. Ähnlich sehen die Einschätzungen zur Ausgestaltung der Regulatorik aus, die die Mehrzahl der Unternehmen als nur bedingt praxistauglich ansieht. Unterstützt werden diese Aussagen durch die Wünsche der Versicherer an die Politik: Sie bemängeln vielfach klare und konsistente Vorgaben, die sich an den Gegebenheiten der Praxis orientieren. Gleichzeitig sind sich viele der Befragten einig, dass die regulatorischen Vorgaben mit dem entsprechenden zeitlichen Vorlauf erfolgen sollen, wodurch wiederum die Qualität gesteigert werden könnte. Nachhaltigkeits-Rating: Das CSR-Label von MORGEN & MORGEN und Zielke Research Consult MORGEN & MORGEN und Zielke Research Consult vergaben in diesem Jahr zum ersten Mal gemeinsam das CSR-Label an 37 von insgesamt 50 untersuchten Gesellschaften. Das CSR-Ranking bewertet die Nachhaltigkeit der Unternehmen mit kritischem Blick in die Corporate Social Responsibility (CSR) Reports der einzelnen Gesellschaften. 14 Gesellschaften wurden mit „Gold“ ausgezeichnet, 14 Versicherer erhielten „Silber“ und neun Unternehmen „Bronze“. Unter dem Begriff „Corporate Social Responsibility“ ist die gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen im Sinne eines nachhaltigen Wirtschaftens zu verstehen. Er umfasst damit soziale, ökologische und ökonomische Aspekte. Betrachtet werden dabei die drei Dimensionen der Nachhaltigkeit: Environment, Social und Governance (ESG). In den ersten beiden Kategorien wird nach gewissen Kriterien des CSR-Berichtes bewertet, während sich der Bereich Governance auf die Analyse der SFCR-Berichte bezieht und daher eine untergeordnete Rolle einnimmt. 28 04-22 | expertenReport

D ie Bayerische Bilder auf dieser Doppelseite: © iiierlok_xolms – stock.adobe.com Herr Gräfer, welche Nachhaltigkeitsmaßnahmen wurden bei Ihnen bisher konkret umgesetzt? Welche Maßnahmen sind in der Planung? Wir sehen Nachhaltigkeit als Marathon und nicht als Sprint. Für uns bedeutet das: Wir sind noch lange nicht am Ziel. Aber wir haben uns schon länger auf den Weg gemacht, bereits einige Meilensteine erreicht und treiben das Thema in allen Bereichen der Bayerischen mit Hochdruck voran. Konkret heißt das: Bereits seit 2018 wirtschaftet die Bayerische über Ausgleichszertifikate klimaneutral. Seit 2021 als Vorreiter in der Branche auch der gesamte selbstständige Exklusivvertrieb. Bis 2027 möchten wir als einer der ersten – oder sogar der erste – Versicherer Deutschlands auch aus eigener Kraft die Klimaneutralität erreichen. Unser nachhaltiger Leitspruch lautet: heute nicht auf Kosten von morgen und hier nicht auf Kosten von anderswo. Der Weg zum nachhaltigen Unternehmen kann für uns nur ganzheitlich gelingen. Das bedeutet, dass wir alle Unternehmensbereiche daraufhin überprüfen, wie wir diese nachhaltig aufstellen können. Konkrete Projekte gibt es zum Beispiel im Bereich Fuhrpark (Umstellung auf E-Autos, E-Auto-Ladepunkte), Betriebsgastronomie (Bio- und nachhaltige Lebensmittel), Einkaufsrichtlinien (Umstellung auf nachhaltige Zulieferer), Reiserichtlinien (Zug statt Flug), Female Empowerment (Schulungen, Vorträge und Workshops), Coaching und Lebenslagenberatung (pme Familienservice) und in vielen weiteren Bereichen mehr. Seit Kurzem bieten wir unseren Mitarbeitenden zudem die Möglichkeit, sich über das Corporate-Volunteering-Tool „lets“ an bis zu fünf Tagen im Jahr ehrenamtlich für soziale und ökologische Projekte zu engagieren. Wie messen Sie den Erfolg Ihrer Maßnahmen – konkret in „ökologischen Zahlen“? Dass unsere Maßnahmen wirken, sieht man daran, dass wir im Innendienst im Jahr 2021 unsere CO2-Emissionen im Vergleich zum Vorjahr um 339,2 Tonnen CO2 senken konnten. Eingespart haben wir zum Beispiel in den Bereichen Mobilität und Wasser. Zum Beispiel haben wir unsere CO2-Emissionen, die durch den Flugverkehr verursacht wurden, um mehr als die Hälfte senken können – von knapp 39 Tonnen CO2 auf circa 17 Tonnen. Unser gesamter Wasserverbrauch ist um etwas mehr als 15 Prozent gesunken. Wie messen Sie den Erfolg Ihrer Maßnahmen – konkret in den Geschäftszahlen? Nachhaltiges Wirtschaften bedeutet für uns, dass wir die ökologische, soziale und ökonomische Dimension in Einklang bringen. Bestes Beispiel ist unsere Marke Pangaea Life: Mit jedem Investment unseres Fonds „Blue Energy“ investieren wir in den sauberen Strom der Zukunft und reduzieren somit den Ausstoß von klimaschädlichem CO2. Mit diesen Investments profitieren unsere Kunden von einer durchschnittlichen jährlichen Rendite von bislang 8,0 Prozent und sichern somit Lebensstandard und Lebensqualität für ihre Zukunft. Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit gehen für uns immer Hand in Hand. Dies zeigt sich auch daran, dass unsere nachhaltigen Produkte der Pangaea Life zu den Wachstumstreibern der Versicherungsgruppe die Bayerische zählen: Für das abgelaufene Geschäftsjahr wuchs das Neugeschäft unserer rein nachhaltigen Produktlinie um 80 Prozent, die Anzahl der aktiven Vertriebspartner konnten wir um ganze 100 Prozent erhöhen. Welche Maßnahmen ergreifen Sie, um dem Verdacht des Greenwashings vorzubeugen? Das „Zaubermittel“ gegen Greenwashing lautet Transparenz – allen voran in der Kapitalanlage. Für uns heißt das: Bei Pangaea Life investieren wir ausschließlich in nachhaltige Sachwerte – und zeigen unseren Kunden, welche das konkret sind. Dementsprechend legen wir bei unserem Fonds „Blue Energy“ die Solar-, Windkraft- und Wasserkraftanlagen offen, über die Kunden mit uns in die saubere Energiewende in Europa investieren können. Bei unserem neuen Fonds „Blue Living“ wissen unsere Kunden, welche nachhaltigen Wohnimmobilien-Projekte der Fonds enthält. Das alles zeigen wir unseren Kunden nicht nur auf dem Papier und im Rahmen regelmäßiger Quartalskonferenzen, sondern „zum Greifen nahe“ auch über unsere digitale Investmentreise. Auf Transparenz setzen wir auch bei der Kapitalanlage der Konzernmutter die Bayerische: Hier verpflichten wir uns auf die hohen Standards der PRI der Vereinten Nationen. Eine Negativ- und Positivliste stellen sicher, dass ESG-Kriterien in der Kapitalanlage strenge Berücksichtigung finden. Dadurch sind Investitionen in Branchen mit Kinderarbeit und Menschenrechtsverletzungen, in Rüstung und Waffen oder in Agrar- und Nahrungsmittelderivate ausgeschlossen. Neue Investitionen tätigen wir grundsätzlich nur noch in Assets, die nach der neuen EU-Taxonomie mindestens Artikel 8 erreichen. Damit wird unsere Kapitalanlage mit jeder neuen Investition noch nachhaltiger. → expertenReport | 04-22 29

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