RECHT Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) schränkt auch Berufsvereinigungen ein Warum Berufsvereinigungen Mitglieder wie Arbeitnehmer gleichbehandeln müssen „Bergsteiger: Zwei Männer, deren Zweck es ist, Berge zu besteigen." (Expedition zum Ki li ma nd scha ro, Monty Pythons wunderbare Welt der Schwerkraft) Seit 2006 gilt das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG), was insbesondere Arbeitgeber sehr vorsichtig gemacht hat. Etwa indem Stellenanzeigen inzwischen alle drei Geschlechter ausdrücklich mit „m/w/d“ bezeichnen und auch keine Altersvorgaben mehr vorsehen sowie geschlechtersensible – korrekt gegenderte – Sprache verwenden. Doch haben viele Berufsverbände noch nicht erkannt, dass sie gegenüber Mitgliedern und Bewerbern um Mitgliedschaft entsprechende Pflichten haben und diese entsprechende Rechte, entsprechend wie bei Arbeitnehmern. Auch Mitglieder von Berufsvereinigungen sind durch das AGG geschützt Abschnitt 2 des AGG „Schutz der Beschäftigten vor Benachteiligung“ wird durch § 18 AGG auf die Mitgliedschaft in – nicht nur – Berufsvereinigungen ausgedehnt: „(1) Die Vorschriften dieses Abschnitts gelten entsprechend für die Mitgliedschaft oder die Mitwirkung in einer […] Vereinigung, deren Mitglieder einer bestimmten Berufsgruppe angehören oder die eine überragende Machtstellung im wirtschaftlichen oder sozialen Bereich innehat, wenn ein grundlegendes Interesse am Erwerb der Mitgliedschaft besteht, sowie deren jeweiligen Zusammenschlüssen. (2) Wenn die Ablehnung einen Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 darstellt, besteht ein Anspruch auf Mitgliedschaft oder Mitwirkung in den in Absatz 1 genannten Vereinigungen.“ Unter solche Berufsvereinigungen können etwa Mitglieder des DAV – Deutscher Anwaltsverein – und auch selbstständige Berufs-Sportler in entsprechenden Vereinen fallen. Oder auch Hobby-Bergsteiger des DAV – Deutscher Alpenverein – angesichts seiner überragenden Bedeutung. 60 03-23 | expertenReport
Bild: © patpitchaya – stock.adobe.com Dann also darf entsprechend § 7 AGG kein Mitglied wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes benachteiligt werden. Dies beinhaltet Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität. In § 2 AGG ausdrücklich genannt wird zu diesen Gründen das Verbot von Benachteiligungen in Bezug auf „die Mitgliedschaft und Mitwirkung in einer Beschäftigten- oder Arbeitgebervereinigung oder einer Vereinigung, deren Mitglieder einer bestimmten Berufsgruppe angehören, einschließlich der Inanspruchnahme der Leistungen solcher Vereinigungen“. Auch mittelbare Benachteiligungen sind verboten Unmittelbar benachteiligt wird, wer wegen eines dieser Gründe eine ungünstigere Behandlung erfährt als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation. Doch auch durch dem Schein nach neutrale Kriterien für mittelbare Benachteiligungen aus einem dieser Gründe sind unzulässig, etwa wenn ausdrücklich auf eine bestimmte Muttersprache abgestellt wird statt nur auf die tatsächlich erforderlichen ausreichenden Sprachkenntnisse. Ist die unterschiedliche Behandlung durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich, so liegt keine unzulässige Benachteiligung vor. Etwa der Ausschluss von Ruheständlern – mittelbare Altersbenachteiligung – aus Gremien der Berufsvereinigung, um deren Kontakt mit den Berufstätigen sicherzustellen. Eine Ungleichbehandlung als positive Maßnahme zum Ausgleich bestehender Nachteile ist indes erlaubt – zum Beispiel Frauenförderung, soweit diese sonst benachteiligt wären. Was bei manchen Berufen mit hohem Frauenanteil aber auch nicht gegeben ist. Die Vereinsautonomie wird unter den Voraussetzungen des AGG beschränkt. Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot verstoßen, sind unwirksam – das kann etwa auch die Vereinssatzung betreffen. Auch eine Mehrheit von Mitgliedern kann sie nicht wirksam beschließen – und ein Vereinsvorstand sich nicht auf solche Mehrheitsbeschlüsse berufen. Berufsvereinigungen müssen Regelungen wie für Arbeitgeber entsprechend einhalten Betroffen ist hier entsprechend § 11 AGG neben der Aufnahme als Vereinsmitglied oder einer vorgelagerten Ausbildung die Ausschreibung für die Mitarbeit in Vereins-Organen, Gremien, Ausschüssen, Arbeitsgruppen et cetera. Bereits eine nicht alle mindestens drei „amtlichen“ Geschlechter umfassende Bezeichnung der Adressaten – etwa nur „Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte“ oder gar nur „Rechtsanwälte“ ohne Klarstellung „m/w/d“, „all gender“ oder mit Genderstern – ist ein Gesetzesverstoß und verboten. → expertenReport | 03-23 61
Versicherungs- und Finanznachrichte
GASTEDITORIAL »Es gilt, einen anda
BETRIEBLICHE VORSORGE 46 Warum ein
»Unser Anspruch ist, dass Mandante
eim beruflichen Neustart, mithilfe
Laden...
Laden...
Das IVW-geprüfte Print-Magazin expertenReport erscheint pro Quartal. Das Themenspektrum konzentriert sich auf die relevanten Sparten sowie die Zukunftsthemen der deutschen Versicherungswirtschaft.
Das expertenReport E-Paper erscheint fünf Mal pro Jahr.
X
Facebook
LinkedIn